Daniil Trifonov Silver Age
Daniil Trifonovs neuestes Album, das mit Valery Gergiev und dem Mariinsky Orchestra aufgenommen wurde, erinnert an eine Zeit, als russische Musiker, Dichter, bildende Künstler, Dramatiker und Interpreten zu den originellsten der Welt gehörten. Silver Age, das am 6. November 2020 als Doppel-CD und e-Album bei Deutsche Grammophon erscheint, veranschaulicht die künstlerische Kühnheit und Brillanz einer turbulenten Epoche des Landes mit Werken seiner avantgardistischsten Komponisten.
Trifonov spielt Skrjabins Klavierkonzert in fis-Moll op. 20, Prokofjews Klavierkonzert Nr. 2 in g-Moll op. 16 und Strawinskys Trois Mouvements de Pétrouchka. Hinzu kommen Strawinskys Sérénade und Auszüge aus L’Oiseau de feu (für Klavier arrangiert von Guido Agosti) sowie Prokofjews Sarcasmes op. 17, die Klaviersonate Nr. 8 in B-Dur op. 84 und die »Gavotte« aus Drei Stücke aus »Cinderella« op. 95 Nr. 2.
Es war der Impresario Sergej Diaghilew, der Gründer der Ballets Russes und wichtige Advokat der Kunst seines Landes, der Skrjabins Klavierkonzert im Rahmen seiner »Concerts historiques russes« im Frühjahr 1907 in Paris auf die Bühne brachte. Nicht ohne Grund: »Rachmaninow und Skrjabin repräsentierten die junge Generation russischer Komponisten an der Wende zum 20. Jahrhundert«, erklärt Trifonov, »aber wenn man Rachmaninow als Komponisten sieht, der voller Sehnsucht zum Horizont blickte, dann war Skrjabin derjenige, der sich die Welt dahinter vorstellte.«
Diaghilew war es auch, der bald darauf einen außerhalb von St. Petersburg praktisch unbekannten jungen Künstler beauftragte: Er ließ Igor Strawinsky ein Werk für die Ballets Russes schreiben. L’Oiseau de feu wurde zur Sensation der Saison 1910. Zusammen mit Pétrouchka (1911) und Le Sacre du printemps (1913) sicherte das Stück Strawinsky einen Platz unter den einflussreichsten Komponisten des beginnenden Säkulums. Ganz im Sinne des Silbernen Zeitalters sollte er zeit seines langen Lebens neue Stilrichtungen erforschen und entwickeln.
»Strawinsky war gewissermaßen ein Anti-Romantiker – der zweite Satz, Romanza, der seiner Frau gewidmeten Sérénade könnte unsentimentaler nicht sein«, erklärt Trifonov. »Strawinsky war wandlungsfähig wie ein Chamäleon. Von seinem russischen Stil bis zum Neoklassizismus und seinen späteren Experimenten mit serieller Musik, Jazz und vielem anderen ist es Musik, die in spielerischer Abstraktion geschrieben wurde. Die persönlichen Gefühle des Komponisten bleiben verborgen, aber seine künstlerische Handschrift ist immer unverkennbar.«
Das Programm des Pianisten fängt die auf Zukunft ausgerichtete, Regeln missachtende Energie wegweisender Werke von drei ungewöhnlich fähigen Komponisten ein. Es zeigt auch, wie typische Elemente des Silbernen Zeitalters, etwa Ironie und Interesse für Volkskultur oder Vorstellungen aus der Vergangenheit, in späteren Kompositionen von Prokofjew zutage treten, zum Beispiel in seiner Musik zu Cinderella und der Klaviersonate Nr. 8, Werken der Reifezeit, in denen er erneut den musikalischen Idealen nachgeht, die einst seinen Ruf als bilderstürmender junger Komponist und Pianist begründeten.
Vor allem erfasst Trifonovs Auswahl die kreative Vielfalt dieses kurzen, aber explosiven kulturellen Augenblicks. »Skrjabin«, so Trifonov, »wollte alle ästhetische Erfahrung in einer einzigen, mystischen, musikalischen Vision zusammenfassen; Strawinsky vereinte die Künste durch eine radikale Neubestimmung des Balletts; und Prokofjew wandte sich dem Film als vollständiger, modernster Verbindung der Sinne zu.« Das russische Silberne Zeitalter bereitete den Weg für künftige künstlerische Entwicklungen, sein Geist wird zu Recht in dieser neuen Aufnahme gefeiert.
Tracklisting:
CD 1
Igor Stravinsky (1882–1971)
Serenade in A
1 1. Hymne
2 2. Romanza
3 3. Rondoletto
4 4. Cadenza finala
Sergei Prokofiev (1891–1953)
Sarcasmes op. 17
5 1. Tempestoso
6 2. Allegro rubato
7 3. Allegro precipitato
8 4. Smanioso – Poco più sostenuto
9 5. Precipitosissimo – Andantino – L’istesso tempo
Piano Sonata No. 8 in B flat major op. 84
10 1. Andante dolce – Allegro moderato – Andante – Andante dolce, come prima – Allegro
11 2. Andante sognando
12 3. Vivace – Allegro ben marcato – Andantino – Vivace
13 Gavotte
No. 2 from 3 Pieces from Cinderella - Allegretto
Igor Stravinsky
The Firebird
14 Infernal Dance of all of Kashchei’s Subjects - Allegro feroce
15 Lullaby - Andante
16 Finale
CD 2
Sergei Prokofiev
Concerto for Piano and Orchestra No. 2 in G minor op. 16
1 1. Andantino – Allegretto
2 2. Scherzo. Vivace
3 3. Intermezzo. Allegro moderato
4 4. Finale. Allegro tempestoso
Igor Stravinsky
3 Movements from Petrushka
5 1. Russian Dance - Allegro giusto
6 2. Petrushka’s Room
7 3. The Shrovetide Fair - Con moto – Allegretto – Tempo giusto – Agitato
Alexander Scriabin (1872–1915)
Concerto for Piano and Orchestra in F sharp minor op. 20
8 1. Allegro
9 2. Andante –
10 Variation I –
11 Variation II. Allegro scherzando –
12 Variation III. Adagio –
13 Variation IV. Allegretto –
14 Tempo I (Andante)
15 3. Allegro moderato